Nachgefragt!
Wir sprachen mit Nicole Beste-Fopma, die wir in München auf der herCAREER getroffen haben.
Nicole ist Journalistin, Moderatorin und Mutter von 4 Söhnen. Ihr Thema ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Als Herausgeberin des Online-Magazins „LOB“ für berufstätige Mütter und Väter weiß Sie, wovon sie spricht. Zumal sie selbst viele Jahre alleinerziehend war, und die Herausforderungen kennt. Mit ihrem Buch „Beruf und Familie. Passt!“ setzt sie sich für eine bessere Vereinbarkeit ein.
Liebe Nicole, welche drei Begriffe beschreiben Dich am treffendsten?
Lebensfroh, humorvoll, ehrgeizig
Deine Familie - verrate uns ein paar persönliche Eckdaten:
verheiratet, alleinerziehend, Anzahl und Alter Kinder?
Ich bin verheiratet und habe 4 Jungs im Alter zwischen 21 und 27.
Dein Business –was ist dein Business, warum stehst Du heute da, wo
Du stehst … kurzum wofür stehst Du gerne morgens auf?
Vor knapp neun Jahren habe ich LOB, ein Onlinemagazin, das sich ausschließlich an berufstätige Mütter und Väter wendet, gegründet. 2017/18 ist daraus mein Buch „Beruf und Familie. Passt!“ geworden – erschienen im März 2018 im Campus Verlag. Mein Geld verdiene ich mit Vorträgen, Workshops und natürlich mit meinem Buch.
Sowohl mit dem Magazin als auch mit meinem Buch verfolge ich das Ziel, dass alle Mütter und Väter es sich zukünftig zutrauen, gleichberechtigt Beruf UND Familie zu leben – wenn sie das wollen!
Gibt es ein Schlüsselerlebnis oder einen Wendepunkt in Deinem Leben,
der Dich einen neuen Weg hat einschlagen lassen? Erzähl’ mal…
Der ganz große Wendepunkt in meinem Leben war meine Brustkrebserkrankung. Mit der Diagnose veränderte sich mein Leben auf einen Schlag. Ich habe zwar LOB weitergeführt – auch dank meiner fantastischen Kollegin Lydia Hilberer, aber nach der langen Therapie, den vielen Stunden auf dem Sofa, war mir klar: Ich will etwas ändern.
Ich arbeite heute viel fokussierter und gönne mir Pausen, wenn ich sie brauche. Es kann dann schon mal vorkommen, dass ich einfach vom Schreibtisch aufstehe und mit unserem Hund spazieren gehe. Und was soll ich sagen: Seitdem läuft es mit LOB. Es scheint, als habe meine Verbissenheit mich auch gehemmt.
Hat das „Mutterwerden und -sein“Dich verändert?
Abgesehen davon, dass ich seither viel näher am Wasser gebaut bin? Ja. Meine Kinder geben mir unendlich viel Kraft und mein Leben hat durch sie einen tieferen Sinn bekommen. Übrigens auch eine Erkenntnis aus meiner Krankheit. Im Job bin ich ersetzbar. Wenn ich mich nicht mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetze, folgt jemand anderes. Oder vielleicht sind sie und er ja schon längst da und in den Startlöchern.
Eine Mutter ist nicht zu ersetzen. Wenn ich weg bin, bin ich weg. Für immer.
Wie meisterst Du den Spagat zwischen Kindern, Job und Partner im
Alltag? Wenn Du einen Partner hast: wie regelt Ihr Betreuung/ Haushalt/
Freizeit?
Mein Spagat ist mittlerweile reduziert auf den zwischen Partner, Job und Hund. Auch nicht zu unterschätzen, aber eben bei weitem nicht so aufreibend, wie der zwischen Kindern, Partner und Job.
Ich hatte aber immer eine Hilfe im Haushalt. Außerdem mussten die Jungs auch immer im Haushalt mithelfen. Alle vier mussten Hobbys wählen, die sie mit dem Fahrrad erreichen konnten. Hausaufgaben haben sie zu 99 Prozent immer alleine gemacht oder den jeweils älteren Bruder gefragt.
Betreut werden mussten sie nicht, da ich als Freiberuflerin alles von Zuhause aus gemacht habe. Was Vor- und Nachteile hat. Aber insgesamt sicherlich mehr Vorteile. Zumindest, wenn die Familie im Vordergrund steht.
Was war dein Highlight als working mum?
Da muss ich etwas ausholen: Einer meiner Söhne erzählte, dass der Vater eines Freundes den Job verloren habe und das bei ihm Zuhause zu großen Problemen führe. Ein anderer meiner Söhne meinte dazu dann nur: „Und warum arbeitet die Mutter nicht?“ Ich dachte nur: „Tschakka, alles richtig gemacht!“
Was war dein größtes„Fuck up“? Und was nimmst Du aus der Erfahrung mit?
Ich habe mich bei der Gründung von LOB ganz sicher nicht richtig beraten lassen und habe das alles zu blauäugig angefangen. Die Finanzierung stand nicht und vieles andere war auch nicht zu Ende gedacht. Heute bin ich schlauer und brenne darauf, die Erfahrungen zum Besseren zu nutzen. Ich habe eine neue Idee und suche jetzt Mitstreiterinnen, eine Finanzierung und werde auch sonst alle Erfahrungen einbringen.
Scheitern wir manchmal an den eigenen Erwartungen oder hinkt die
Gesellschaft unseren Bedürfnissen hinterher?
Deine Meinung interessiert uns zu den drei Themen Gehalt, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gleichberechtigung?
Es ist ein guter Mix aus allem. Das Bild der Frau hat sich gewandelt. Vor einigen Jahren wurde eine berufstätige Mutter dafür verurteilt, beides zu wollen und vielerorts wird sie das noch immer. In den Medien wird aber aktuell die Frau gehypt, die beruflich erfolgreich ist, mindestens zwei wohlerzogene, bestens geratene Kinder hat, glücklich verheiratet ist und natürlich klasse aussieht. Wenn Frau versucht, diesem Ideal nachzueifern, wird sie scheitern. Was uns da in den Medien verkauft wird, ist fernab jeglicher Realität. Soviel zu den eigenen Erwartungen, aber natürlich hinkt auch unsere Gesellschaft noch ziemlich hinterher.
Das Thema Gehaltist ein riesiges Fass, was ich da aufmachen müsste. Vielleicht so viel: Es ist mir absolut unverständlich, wie Führungskräfte es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, dass sie Menschen für die gleichen Tätigkeiten unterschiedlich bezahlen.
Es ist mir auch absolut unverständlich, wie eine Gesellschaft, der es so gut geht, wie der deutschen, es verantworten kann, dass Menschen, die in pflegenden Berufen arbeiten und damit meine ich auch alle, die sich um unsere Kinder kümmern, schlechter bezahlt werden, als Menschen, die eine Maschine bedienen.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Auch das natürlich ein großes Thema, das nicht in wenigen Sätzen abgehandelt werden kann. Aber vielleicht so viel: Wir sollten uns dafür einsetzen, dass wir ein System erschaffen, in dem Mütter auch berufstätig sein und Väter sich auch um die Familie kümmern können. Es tut sich schon etwas, aber ich befürchte, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, bis das Geschlecht keine Rolle mehr spielt.
Und damit sind wir auch schon bei dem Thema Gleichberechtigung. Gleichberechtigt sind wir. Das ist sogar im Grundgesetz verankert. Was wir noch nicht sind, ist gleichgestellt. Siehe „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“.
Wir setzen Dich in eine Zeitkapsel und Du triffst für 5min Dein 25jähriges„Ich“!
Was rätst Du ihm?
Höre auf Deinen Bauch. Du hast ein spannendes Leben vor Dir!
„Work-Life-Balance“: a) Was war doch noch mal? oder b) ganz wichtig!
Ganz klar: B!
Wie schaltest Du ab, was erdet oder entspannt dich?
Mehrere Möglichkeiten: Mit dem Hund gehen, mit dem Hund joggen, in Sportstudio gehen, lesen oder ich verkrieche mich in mein Nähzimmer und quilte.
Wie bist Du vernetzt: überwiegend on- oder offline?
Das hält sich ziemlich die Waage, aber ich bevorzuge definitiv offline und versuche auch so viel wie möglich Veranstaltungen zu besuchen und Leute zu treffen oder neue kennenzulernen.
Unsere Feenfrage: Du hast drei Wünsche frei…
Ich brauche nur einen: Ich möchte ganz alt werden und dabei gesund bleiben. Gilt natürlich auch für meine Familie!
Liebe Nicole, vielen Dank für Deine Zeit und Deine Antworten!
Und wer noch mehr von Nicole, LOB und Ihrem Buch erfahren möchte: