Themenwoche
Vorsorge & Trennung - Ein Gastbeitrag von Sara Buschmann:
Alleinerziehend? Wie ist das denn so? Anders, lautet meine generische Antwort dann meist erst einmal. Denn auch unsere Familienform ist komplex. Wir Allein- oder Getrennterziehenden sind ja keine homogene Masse und jede Familie ist so individuell, wie die Menschen, die sie bilden.
Ich habe mich vor knapp zwei Jahren einvernehmlich getrennt und somit bewusst entschieden erst einmal eine Ein-Eltern-Einheit zu bilden. Viele Frauen — denn es sind zu 90% Mütter, bei denen Kinder nach einer Trennung leben — haben diese Entscheidung nicht frei gewählt, das erschwert das Einfinden in die neue Lebenssituation.
Und doch, war es auch für mich (eigentlich selbstbewusst, berufstätig, mit guten Freunden und einer tollen Familie im Rücken) deutlich schwerer als erwartet, plötzlich nicht mehr dem gängigen Vater-Mutter-Kind-Modell zu entsprechen — vor mir selbst und vor allen anderen.
Immer wieder schoben sich ungeahnte Steine in den Weg: Die Trennung und entsprechende Regelungen verliefen deutlich unrunder als geplant, es kamen Anwälte, Ämter, Mediatoren, Sozialpädagogen und viele weitere Personen ins Spiel. Zusätzlich galt es den Alltag zu meistern, Geld zu verdienen, Umzüge und das neue Leben zu regeln.
Dabei stets dem Anspruch gerecht zu werden eine „perfekte Mutter“ zu sein, das Kind in der Trennungssituation aufzufangen und gemeinsam Eltern zu bleiben. Ergänzend die traurige Erkenntnis: Obwohl wir rund 1,5 Mio. Alleinerziehende in Deutschland sind, findet der Staat unsere Belange bis heute unwichtig. Steuermodelle, Unterhaltsrecht, Gerichtsstrukturen u.ä. sind in diesem Land immer noch völlig unzulänglich. *
Zusätzlich habe ich gemerkt, dass auch die Gesellschaft noch nicht in der Familienrealität 2020 angekommen zu sein scheint. Gerade in der Kleinstadt ist „alleinerziehend“ häufig noch ein Stigma. Silke Wildner erzählte dazu mal, dass ihr in der Kita jemand eine unangekündigte „Kleiderspende“ an den Mantelhaken ihres Kindes gehängt habe. Klar, „alleinerziehend, bedürftig, sicher knapp bei Kasse, wenn nicht sogar HartzIV?“ scheint die gängige Meinung zu sein.
Und jaa, viele Ein-Eltern-Familien sind armutsgefährdet. Interessant ist, dass aber rund 2/3 der Alleinerziehenden berufstätig sind und knapp die Hälfte davon in Vollzeit arbeitet. Warum es trotzdem kaum reicht? Fragt bitte den Staat! Ich jedenfalls stünde fast pari, wenn ich nicht arbeiten, sondern Sozialleistungen beziehen würde. Ich bin Akademikerin, habe lange studiert, volontiert und immer voll gearbeitet. Ist das fair? Natürlich nicht.
Ein zusätzlicher Faktor ist das Thema „Verantwortung“. Alleinerziehende tragen vieles auf ihren Schultern: die Erziehung, die Care-Arbeit, die ökonomische Last (ungefähr die Hälfte der Alleinerziehenden bekommen keinen Unterhalt). Jede Entscheidung muss alleine getroffen und jede Phase alleine gemeistert werden — und zwar immer. Auch an schlechten Tagen, mit Grippe, Migräne oder Liebeskummer. Deshalb liebe Mütter aus Paarfamilien, bitte sagt uns nie „Ich bin ja auch quasi alleinerziehend, mein Mann arbeitet so viel und ist nie da!“, denn nein, so fühlt sich das „Alleinerziehend-Sein“ nicht an.
Und trotzdem, um den Bogen nun dorthin zu spannen, wo die Realität liegt, hier mein Fazit: Alleinerziehende zu sein, ist allemal besser, als in einer halbgaren Beziehung zu köcheln. Denn wir Single Moms sind unabhängig und selbstbestimmt, wir haben gelernt loszulassen, wir haben interessante Lebensgeschichten und wir könnten uns neu verlieben.
Studien zeigen übrigens: Auch unseren Kindern geht es gut und sie sind glücklich – zumindest dann, wenn die sozioökonomischen Rahmenbedingungen stimmen und daran muss die gesamte Gesellschaft gemeinsam arbeiten! Also, lasst Euch Mut machen, liebe @businessmums: Jede Familienform ist gut und richtig — ganz egal in welchen Konstellation 🖤
*mehr dazu bspw. unter www.diemias.de
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